Von der Erziehung zur Keuschheit – Teil 1 von 4

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Das Endziel jeder Erziehung besteht darin, die Jugend so zu beeinflussen, dass sie, herangewachsen, von innen heraus ihr Leben nach Gottes heiligem Willen einrichtet und das Gute erstrebt. Niemand will aber das Böse um seiner selbst willen. Die Versuchung zeigt es
ihm unter der Gestalt eines Genusses oder Vorteils. Wenn der Mensch ihr unterliegt, hat er nicht die sittliche Kraft, diesen Lockungen zu widerstehen. Es besteht aber nicht nur die Möglichkeit, dass er in Einzelfällen nachgibt, sein Geist kann sich von den Reizen eines Scheingutes
so umgarnen lassen, dass der Wille dauernd auf das Böse hingerichtet ist.
Die Grundeinstellung des Menschen zu Gottes Gebot ist dann verkehrt.

Es ist daher die Aufgabe der Erziehung, die Jugend zunächst vor schädlichen Einflüssen
zu bewahren, die sie zur Sünde verlocken oder sogar eine falsche Einstellung hervorrufen können.
Völliges Beschützen vor diesen Gefahren ist aber heute besonders bei der heranwachsenden Jugend nicht möglich. Sie ist vielfach den schlimmsten Einflüssen ausgesetzt. Daher muss der Erzieher
sie innerlich für den Kampf festigen. Er zeige ihr, dass das, was die Versuchung ihr vorspiegelt, nur ein Scheingut, in Wirklichkeit aber ihr Verderben ist.

Den Verlockungen zum Bösen suche er ihre Anziehungskraft zu nehmen und zugleich der Jugend Gedanken und Motive zu vermitteln, die sie für das Gute begeistern und so die richtige Willensrichtung in ihr hervorrufen, die dann auch im Augenblick der Versuchung
vor ihre Seele treten und ihr behilflich sind, sich für das Gute zu entscheiden.

Damit endlich die Jugend die sittliche Kraft zum Guten hat, gewöhne man sie
an Selbstüberwindung, Gehorsam und Pflichttreue, so dass sie lernt, nach der Stimme
des Gewissens ihr Leben einzurichten. Weil wir Menschen aber aus uns allein dazu nicht imstande sind, muss man sie zu eifrigem Gebet und häufigem Empfang
der heiligen Sakramente
wirksam anleiten.

Der Erzieher darf sich also nicht mit Augenblickserfolgen zufrieden geben. Wohl kann es vorkommen, dass mit der richtigen Lösung eines Einzelfalles eine Frage für immer entschieden ist. Bei anderen Erziehungsaufgaben ist aber mit einem Einzelerfolg für das Endziel nichts
oder nur sehr wenig gewonnen. Bei ihnen kommt es vor allem darauf an, dass der Jugendliche
auch dann noch das Gute erstrebt, wenn der direkte Einfluss der Erziehers
sich nicht mehr geltend machen kann.

Ebenso darf die Erziehung ihr Ziel nicht hauptsächlich mit äußerem Zwange zu erreichen suchen. Dieser kann notwendig sein, besonders wenn es sich darum handelt, den Eigenwillen
zu brechen oder die Scheu vor Selbstüberwindung zu besiegen. Er vermag dann sogar
den Jugendlichen für das Erziehungsziel zu gewinnen, da dieser allmählich Freude am Guten und an innerer Kraftentfaltung bekommt. In anderen Fällen kann aber Zwang den Widerwillen
der Jugend gegen das, was von ihr verlangt wird, hervorrufen und so
die eigentliche Erziehungsaufgabe vollständig vereiteln.

Die innerliche Festigung der heranwachsenden Jugend, durch die an erster Stelle die in freier Selbstbestimmung gewählte, richtige Willensrichtung und Grundeinstellung gegenüber
Gottes Gebot geschaffen wird, und die dann der Jugend in der Versuchung zum Siege behilflich ist, muss daher als die wichtigste und vornehmste Pflicht des Erziehers bezeichnet werden.

Nur dann, wenn der Wille für das Gute gewonnen ist, wenn die Jugend es
in ihrem tiefsten Innern kraftvoll bejaht und freudig anstrebt,
können alle anderen Bemühungen Erfolg haben.

Quelle: „Um die Reinheit der Jugend – 1927 – Schilgen Hardy S. J.- S. 24-26

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