Ein Hirtenwort den Brautleuten in treuer Sorge um ihr Glück Teil – Teil 3 von 3

  • Beitrags-Kategorie:Ehe / Familie
  • Lesedauer:10 min Lesezeit
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Wenn es nun immer und unter allen Umständen Sünde ist, bewusst und absichtlich die Folgen des Verkehrs zu vereiteln, welches erlaubte Mittel bleibt Ihnen dann übrig, wenn Sie mal in die Lage kommen, dass Ihre Familie aus irgendwelchen Gründen für den Augenblick eine weitere Belastung durch ein neues Kind wirklich nicht vertragen kann? Nur ein einziges, dass Sie sich eben für diese Zeit enthalten. Ist das denn wirklich nicht zu viel verlangt? Seien Sie sicher, Gott verlangt nie zu viel vom Menschen. Es ist nicht so schwer, wie es auf den ersten Blick aussehen mag und wie es von den Feinden der christlichen Sittlichkeit hingestellt wird. Natur und Gnade kommen Ihnen zu Hilfe. Die Natur hat es so eingerichtet, dass es bei der Frau Zeiten gibt, in denen sie nur geringe oder fast gar keine Empfänglichkeit besitzt. Ferner wird die Mutter, die ihr Kind nährt, unter normalen Verhältnissen während der Stillperiode nicht wieder in Hoffnung kommen. Diese Periode kann bis zu neun Monaten dauern, und die Frau hat die schwere Pflicht, ihrem Kinde, sofern dies möglich ist, selber die erste mütterliche Nahrung zu bieten, weil auch bei sorgsamster Pflege die Sterblichkeit der Flaschenkinder größer ist als die der Brustkinder.

Viel wirksamer aber als die Hilfe der Natur ist die übernatürliche Macht der Gnade. Was sie vermag, beweist die Geschichte, angefangen von den Tagen der Urkirche, wo die christlichen Eheleute durchweg während der ganzen Zeit der mütterlichen Hoffnung Enthaltsamkeit übten, bis auf die zahlreichen Ehen unserer Tage, die rein und unentweiht dastehen, weil Mann und Frau wirklich Religion haben, vor allem aus den Gnadenquellen des Gebetes und des Allerheiligsten Altarssakramentes zu schöpfen wissen. Der Mann, der regelmäßig morgens und abends betet und überdies oft würdig kommuniziert, findet sicher die Kraft der Enthaltsamkeit, lernt überhaupt seine Ehe in einem ganz anderen Lichte betrachten. Er sieht in seiner Frau immer mehr das Ebenbild Gottes und liebt und pflegt die höheren, seelischen Beziehungen. Ein zeitweiliger Verzicht ist ihm kein sinnloses Entbehren, kein hartes, unerträgliches Muss, sondern ein priesterliches Opfer, das er als Haupt der Familie, als erster Vermittler zwischen Gott und den Seinen, für das Wohl der anderen bringt. Glauben Sie mir, dass gerade ein solches Opfer nie umsonst gebracht wird. Nachdrücklich bestätigt das der Engel Raphael, wo er den jungen Tobias ermahnt, die drei ersten Tage nach der Vermählung auf den ehelichen Verkehr zu verzichten. Dreierlei verheißt er ihm als Lohn für seine Enthaltsamkeit. In der ersten Nacht wird der böse Geist vertrieben werden, d. h. der Mensch wird durch die Enthaltsamkeit die Herrschaft gewinnen über die niedere dämonische Macht der Begierlichkeit. In der zweiten Nacht bewirkt sie die Aufnahme in die Gemeinschaft der hl. Patriarchen, d. h. die Beherrschung der Sinnlichkeit erschließt dem Menschen Sinn und Geschmack für das Übernatürliche. In der dritten Nacht wird sie Segen bringen über Leib und Seele der Kinder, d. h. der Mann der Zucht und Selbstbeherrschung wird ein körperlich und geistig gesundes Geschlecht fortpflanzen. (Vgl. Tob. 6,19 f.)

Je mehr Sie über diese ernsten Fragen nachdenken, um so klarer werden Sie erkennen, wie wichtig es ist, dass in einer Familie echte tiefe Religiosität herrscht. Menschen, die nicht nur äußerlich zu ihrer Religion halten, sondern innerlich aus ihrem Glauben leben, von der Kraft und Gnade der Sakramente und des Gotteswortes zehren, vermögen es, ihre Ehe rein und heilig, voller Glück und Frieden zu erhalten. Sie finden auch das heilige Gottvertrauen, ohne das die Pflichten und die Aufgaben einer Ehe gar nicht zu lösen sind. Gründen Sie sich darum ein echt christliches Heim! Halten Sie gemeinsam Ihr Morgen-, Abend- und Tischgebet. Es braucht nicht lang zu sein, aber gut und andächtig soll es sein, Sinn und Seele soll es haben. Gehen Sie jeden Monat gemeinsam zu den heiligen Sakramenten und besuchen Sie, solange es eben geht, zusammen den Gottesdienst. Vor allem aber machen Sie bald einmal geschlossene Exerzitien mit. Das wäre ja ohne Zweifel die schönste Vorbereitung auf Ihre Ehe. Geht es vor der Trauung nicht mehr, dann sorgen Sie doch bitte im Laufe des ersten Jahres dafür. Zeit und Ort, wo Gelegenheit dazu geboten ist, können Sie von Ihrem Pfarrer erfahren.

Von der Weihe, die die Religion an Ihrem Hochzeitstage über Ihr Verhältnis breitete, werden Sie immer etwas wiederfinden, so oft Sie gemeinsam mit Ihrer Seele Gott nahekommen. Als Kinder Gottes, nicht als bloße Menschen stehen Sie dann wieder voreinander, betrachten sich gegenseitig mit neuer Ehrfurcht und ertragen mit neuer Geduld Ihre menschlichen Schwächen. Wie manche, die vor der Ehe meinten, dass sie sich glänzend und restlos verständen, haben doch in der Ehe gar bald gefunden, dass es eine große und schwierige Aufgabe ist, ein ganzes Menschenleben in Geduld und Liebe miteinander zu verbringen. Diese Aufgabe erleichtert Ihnen die Religion sehr, weil sie Ihnen hilft, um Christi willen zu verstehen und zu verzeihen, mit Ruhe zu schweigen und zu reden, nicht starr und hart aneinander vorbeizugehen, wenn etwas zwischen Sie trat, sondern vernünftig und versöhnlich das lösende Wort der Aussprache, und damit aufs neue seligen Frieden zu finden.

Viel Anregung und Stütze für Ihr religiöses Leben können Sie finden, wenn Sie sich den kirchlichen Standesvereinen, der Männer- und Frauenkongregation Ihrer Pfarre anschließen, vielleicht auch dem Verein der Heiligen Familie beitreten, vor allem aber dafür sorgen, dass Sie gleich eine katholische Zeitung und ein katholisches Sonntagsblatt für Ihr Heim bestellen.

Für Brautleute, die trotz aller entgegenstehenden Bedenken nun einmal entschlossen sind, eine gemischte Ehe einzugehen, muss ich ja leider bemerken, dass in der Mischehe diese religiösen Momente naturgemäß sehr in den Hintergrund treten. Dort finden die Eheleute nicht das aneinander und ineinander, was sie finden würden und könnten, wenn der eine katholische Glaube sie verbände, wenn sie zusammen beten, opfern und kommunizieren könnten, wenn die gemeinsame Religion die letzten Tiefen des Herzens erschlösse und sie im Innersten und Heiligsten vereinte. Alle Fragen der Ehe, insbesondere die Kinderfrage, würden dann viel leichter zu lösen sein, und für Eltern und Kinder ein ganz anderes Familienglück und Zusammengehörigkeitsgefühl erwachsen. Darum mögen solche Brautleute doch ja beten und sorgen, dass diese Einheit auch in ihre Familie kommt. Es wäre natürlich unrecht, einen Andersgläubigen zur Annahme der katholischen Religion drängen oder nötigen zu wollen. Es wäre aber ebenso großes Unrecht, wenn der katholische Eheteil, der die Wahrheit und das Glück seiner Religion kennt, sich gar keine Mühe gäbe, dem anderen die Erkenntnis dieser Wahrheit und das Verständnis dieses Glückes zu vermitteln. Ein aufklärendes Wort, ein belehrendes Buch, vor allem aber das eigene gute Beispiel und beharrliches Gebet können es erreichen, dass eines Tages auch in eine solche Ehe die Einheit des Glaubens kommt, und dieser Tag wird mit seinem stillen Seelenglück der schönste dieses ganzen Ehelebens sein und bleiben.
Wenn Sie so versuchen, in Ihrer Familie echte Religiosität zu pflegen, mit wahrhaft katholischem Geiste Ihr Haus zu durchdringen, eine treu katholische Familientradition in Ihrem Heim zu begründen, dann ist für die Erziehung der Kinder schon sehr viel gewonnen. Die Kinder kommen dann sofort in eine tief religiöse, warm katholische Atmosphäre hinein, lernen von jung auf Gott ehren und darum auch Vater und Mutter achten. Das gute religiöse Beispiel der Eltern wird ihnen ihr Leben lang unvergesslich bleiben und ihnen in der Stunde der Versuchung mehr Halt und Stütze bieten wie alle guten Worte und strenge Mahnungen.

Die Religion wird Sie auch das zweite lehren, was Sie in der Kindererziehung zu pflegen nie vergessen dürfen, nämlich den Geist des Gehorsams. Es ist auch heute, trotz des revolutionären Zeitgeistes, noch möglich, Kinder zum Gehorsam zu erziehen. Fangen Sie nur gleich am ersten Tage und in der ersten Nacht damit an! Wenn Sie dem kleinen Kinde nachgeben, wenn es mit Schreien seinen Willen durchzusetzen sucht, wird das große Kind es mit andern Mitteln tun. Gewöhnen Sie von vornherein das Kind daran, dass es sich mit seinen Wünschen und Begehren in das Ganze der Familie einzuordnen hat und nicht nach seinem Eigenwillen handeln darf. Arbeiten Sie gemeinsam an dieser Erziehung! Nie darf der eine dem Kinde erlauben, was der andere verboten hat. Nie dürfen Sie vor dem Kinde Meinungsverschiedenheiten und Uneinigkeiten austragen oder über die Erziehungsmaßnahmen von Lehrpersonen und Geistlichen aburteilen. Das Kind muss immer bei Vater und Mutter und Lehrer und Priester eine geschlossene Einheitsfront sehen, Menschen, die sich gegenseitig achten und in ihrer Erziehungsarbeit unterstützen. Was an Missverständnissen und Schwierigkeiten zwischen diese Menschen tritt, sollen sie untereinander, nicht vor dem Kinde ausmachen.
Sie sehen, welche Menge von neuen Fragen und Pflichten jetzt an Sie herantreten. Darum werden Sie verstehen, wie sehr es Ihren um Sie besorgten Erzbischof drängen musste, Ihnen dieses Geleitwort mit auf Ihren Lebensweg zu geben. Beherzigen Sie es treu und greifen Sie in stillen Stunden immer wieder danach, nicht nur während dieser Vorbereitungszeit, sondern auch in den Jahren Ihres Ehelebens, besonders dann, wenn Standesfragen und Sorgen Ihr Herz beschweren. Gottes Wort und Gesetz ist und bleibt ja die einzige Leuchte, die uns auf dem Wege unseres Lebens zum rechten Ziele führen kann. Verlassen Sie nie diesen Gott und sein Gesetz; dann bleibt der Segen von oben bei Ihnen, den ich Ihnen aus ganzem Herzen für Ihre kommenden Pflichten und Aufgaben erflehe:

Die Gnade Gottes sei mit euch. Amen!
(1. Tim. 6, 21)

Quelle: „Ein Hirtenwort den Brautleuten“ in treuer Sorge um ihr Glück gewidmet vom
Erzbischof von Köln Karl Joseph Schulte 1871-1941

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