Ein ernstes Kapitel: die Unschuld der Kinder

  • Beitrags-Kategorie:Erziehung / Reinheit
  • Lesedauer:21 min Lesezeit
image_print

Schön ist es, wenn im Frühling die aufgehende Sonne den Himmel mit einem lieblichen Rot überzieht, die Wolken mit goldenem Rand umsäumt
und Berg und Tal in Purpur kleidet. Herrlich ist der Glanz der Sonne,
wenn sie am hohen Mittag bei wolkenreinem Himmel die ganze Landschaft
in ein Lichtmeer wandelt. Lieblich ist des Mondes Silberschein, der die Nacht
einer Winterlandschaft erhellt. Doch unvergleichlich schöner, lieblicher
und anmutiger ist eine reine, unschuldige Kinderseele.

„Am tiefsten rührt die Seele das Kindesauge.“ Die Unschuld ist der schönste
und kostbarste Schatz des Kindes. Ein unschuldiges Kind – welche eine schöne, liebliche Himmelsblume! Ein verdorbenes Kind, welch eine hässliche Erscheinung, welch ein Gräuel, welch schlimmes Vorzeichen für die Zukunft!

Vor vielen Jahren ging ein italienischer Maler durch die Straßen seiner Vaterstadt; da sah er auf einmal einen Knaben von solch wunderbare Schönheit vor sich, dass er erstaunt stehen blieb
und sich dachte: „Das Bild dieses Knaben möchte ich haben! “

Er bat den Knaben, sich von ihm malen zu lassen, was der Knabe
gerne geschehen ließ. Der Maler betrachtete später oft das schöne Bild und fragte manchmal bei sich, was doch wohl aus diesem
engelgleichen Knaben geworden sein möchte. Eines Tages ging er wieder spazieren, und da sieht er einen jungen Mann, dessen Mienen so hässlich,
so verkommen, ja so teuflisch aussahen, dass er unwillkürlich stehenblieb. Er dachte: „
Dieses Bild möchte ich mahlen
und es in meinem Zimmer neben dem herrlichen Bild des
unschuldigen Knaben aufhängen; es wäre ein Gegensatz,
wie man ihn wohl selten finden dürfte.“

In diesem Augenblick trat der verkommene Jüngling an ihn heran
und bettelte um ein Almosen. „
Bitte“, sagte der Künstler,
„kommen
Sie auf mein Zimmer und lassen Sie mich ihr Bild malen,
ich will sie gut dafür bezahlen.“
Gern willigte der junge Mann ein.

Als das Bild vollendet war und er sich entfernen wollte, fiel sein Blick auf das Bild des herrlichen Knaben. Er blieb stehen, betrachtete es näher, wurde dann bleich und brach in einen Strom von Tränen aus.
Was ist Ihnen?“, fragte der Künstler. Es dauerte eine Weile,
und dann sprach er in gebrochenen Worten: „
Das, mein Herr,
ist mei
n eigenes Bild; vor zwanzig Jahren haben Sie mich auch gemalt. Ach, damals und jetzt! Damals war ich ein unschuldiges,
hoffnungsvolles Kind, jetzt bin ich ein verlorener Mensch.
Damals war ich noch ein guter, frommer Knabe, aber jetzt
bin ich so verdorben, dass sich alle von mir wegwenden.“

Auf die Frage, wie er so weit gekommen sei, entgegnete er:
Die Leidenschaft, das Laster der Unreinigkeit, zu dem ich schon
in früher Kindheit verführt wurde, hat mich so hässlich
und unglücklich gemacht.“

Die Eltern erhalten ihre Kinder bei der hl. Taufe aus der Hand der Kirche
im Kleid der Unschuld. Als zarte und heilige Blumen übergibt sie Gott der Herr durch seine Kirche der Obhut der Eltern. Sie sollen also mit der treuesten Sorgfalt darüber wachen, dass ihre Kinder an ihre
r Unschuld ja keinen Schaden erleiden. Und dies ist wohl der schwierigste Teil der Erziehung. Wir wollen nun
mit dem möglichsten Zartgefühl diesen äußerst wichtigen Gegenstand behandeln und jene
Winke und Fingerzeige erteilen, die gewissenhafte Eltern, denen die Unschuld und Reinigkeit ihre Kinder am Herzen liegt, wohl beachten müssen.

1. Pflege des Schamgefühls.

Das heilige Schamgefühl, dass Gott in die Menschenbrust gelegt hat, ist, wenn es gewissenhaft gehütet und gepflegt wird, die sicherste Umzäunung der Unschuld, die beste Abwehr alles dessen, das der heiligen Reinigkeit gefährlich oder nachteilig werden könnte; es ist ein fester Damm wider das Eindringen
der
Unlauterkeit. Eben darum ist es von unendlicher Wichtigkeit, dass das
heilige Schamgefühl bei den Kindern nicht im Mindesten verletzt, vielmehr sorgsam gehegt und in seiner ganzen
Zartheit erhalten werde.
Wie soll dies geschehen?


Die Eltern sollen Sorge tragen, dass die Kinder gegen sich selber recht
schamhaft seien. Hier ist nun freilich große Vorsicht und Klugheit nötig,
den
n, wie Patiß im Leben der Hl. Zita bemerkt, zu große Ängstlichkeit und
zu leichtfertige Gleichgültigkeit wären i
n gleicher Weise schädlich.
Den Kindern soll nicht
s gestattet werden, das unanständig ist, und sie sollen
nicht aufmerksam gemacht werden auf das, was sie nicht kennen; und das zu
bewirken, ist die große Kunst, die nur die Tugend verstehen und üben kann.

Es ist sehr wichtig, dass schon das ganz kleine Kind, besonders das Mädchen,
an Schamhaftigkeit gewöhnt werde, oder besser gesagt, dass die ihm innewohnende Schamhaftigkeit gehörig geweckt und ausgebildet werde,
auch wenn es scheinbar noch nicht versteht.
Drei- oder Vierjährige Kinder,
die in dieser Beziehung Ungehöriges tun, sind schlecht erzogen und bieten anderen Kindern vielmal Gelegenheit zu bösen Gedanken.“ Hillmann, S. 72.

„Auch das kleinste Kind darf niemals ein Zimmer verlassen,
ohne gehörig und fertig gekleidet zu sein.“ v. Liebenau.

Es darf beim Kind in Kleidung, Stellung, Verrichtungen nichts geduldet werden, was für dasselbe in späteren Jahren unschicklich wäre. Es ist von Übel,
„wenn die Mutter es nicht verhindert, dass sich die kleinen Kinder
beim Sitzen, Liegen,
Spielen allerlei unanständige Entblößung erlauben;
denken Sie auch nicht
s dabei, so wird doch dadurch das Schamgefühl
von früh an abgestumpft“. Bischof Cramer.

Auch die zu kurzen Kleider, in denen Mädchen aussehen fast wie
ein ausgespannt
er Sonnenschirm, ebenso jene Trachten, die den natürlich gewachsenen Körper in zwei Hälften wie bei den Ameisen Teilen, sind
für die Unschuld der
Kleinen eine große Gefahr. Bei manchen Mädchen,
selbst bei größeren, sind die Kleider so kurz, dass sie nicht einmal bis zu den Knien reichen, so dass sie kaum eine Bewegung machen können, ohne ein keusches Auge zu verletzen.
Da muss freilich das Schamgefühl frühzeitig abgestumpft werden.

Das Kind lerne durch seinen Anzug und seine Behandlung Ehrbarkeit, Schamhaftigkeit und Wohlanständigkeit; es muss ihm ein tiefer Abscheu
gegen jede Unanständigkeit eingeflößt werden; man braucht ihm darum
noch keine Gründe anzugeben ein dunkles Gefühl rechtfertigt die Strenge,
und durch die Angewöhnung erstarkt dieses Gefühl. Man kann dann das Kind
an die Gegenwart seines heiligen Schutzengel erinnern oder an das all sehende Auge des himmlischen Vaters; und dies wird genügen,
um Ungeziemendes augenblicklich abzustellen.

Ratsam ist es, den Kindern zu sagen, dass sie nicht länger im Abort bleiben,
als es notwendig ist. Man dulde nicht, dass sie ohne Badegewand und ohne Aufsicht
baden; desgleichen dulde man keine zerrissenen Säcke in den Kleidern.

Auch das Schlafen der Kinder ist nicht ohne Einfluss auf ihr Schamgefühl. Schon die Lage im Bett ist nicht gleichgültig. Der Körper sei gerade, die Glieder ausgestreckt; der Kopf liege mäßig hoch, die Hände sein nicht über den Kopf gerungen, sie werden schicklicher auf als unter der Decke, und zwar „auf der Brust erhoben“ gehalten. In der Frühe lasse man die Kinder nicht lange wachend
im Bett, sondern gewöhne sie, dass sie sofort aufstehen, wenn die Zeit
dafür gekommen ist. „
Die sorgsame Mutter überwacht Einschlafen und Aufstehen der Kinder und überzeugt sich, wenn sie schlafen geht, ob die Kinder die Hände recht liegen haben.“ Sie sorgt auch „für lange Nachthemden mit langen Ärmeln, damit die Kinder die Arme möglichst auf der Decke haben können“ – Ernst.
Die Eltern sollen keine Spielen im Bett dulden; ebenso kein Verstecken
der Hände unter die Kleider während des Tages. –  Overberg.

2. Beispiel zarter Schamhaftigkeit.

Den Kindern muss ein schönes Beispiel zarter Schamhaftigkeit gegeben werden. Die alten Römer hatten den Spruch: Reverentia puero habeatur,
d. H. vor Kindern muss man Ehrfurcht haben und sich sehr
in Obacht nehmen; „Die Gegenwart eines Kindes ist heilig .“


Selbst brave und gesittete Kinder sind vorwitzig, sie merken, sie sehen und hören alles, selbst wenn sie spielen; und wenn sie auch von dem Gesehenen
und
Gehörten kein rechtes Verständnis haben, so ahmen und sprechen Sie es
doch nach, anfangs freilich unbewusst, aber einmal daran gewöhnt, lassen Sie auch bei reifere
m Alter nicht mehr oder doch nur schwer davon ab.
Oder seid ihr nicht“, fragt eine erfahrene Erzieherin die Mütter, „zuweilen selbst erstaunt, wenn ihr eure Kinder schon Worte wiederholen hört, Dinge wieder tun seht, die euch selbst in unbewachten Augenblick entschlüpft sind ?“

Die Kinder gleichen den Spiegeln, die alle Bilder, die an ihnen vorüber gehen, in ihre Seele aufnehmen. Wenn sie nun in ihrer Kindheit sinnliche Eindrücke, obgleich nur unklar, in sich aufnehmen, so gelangen Sie früher und schneller,
als es angemessen und gut für sie ist, zu Erkenntnis dessen, was sie noch nicht
zu wissen brauchen; es wachsen dann jene frühreifen Kinder auf, die
etwa in
ihrem zwölften Jahr schon über Dinge unterrichtet sind,
worüber ihnen
eine glückliche Unwissenheit unvergleichlich besser zustehen würde.
Es liegt deshalb unermesslich viel daran, den Grundsatz treu zu befolgen,
den selbst ein Ungläubiger Ro
usseau als richtig bezeichnen musste:
„Nur dann kann die Unschuld der Kinder erhalten werden, wenn alle,
die um sie sind,
die Unschuld ehren und lieben und daher auch im Reden,
in der Kleidung, in den Gebärden, bei der Berührung, die die Pflege
des Kindes erfordert, die strengste Sittsamkeit soviel als möglich beobachten .“

In ihrem eigenen Verhalten sollen die Eltern die höchsten
und schönsten Vorbilder
ihrer Kinder sein und mit peinlichster Gewissen-haftigkeit alles vermeiden, was das zarte Kindesgefühl verletzen kann;
sie dürfen eben nie vergessen, dass sie keine wachsamern und
schärfern Beobachter haben als ihre eigenen Kinder.

Das Kind werde jederzeit nicht bloß mit Liebe, sondern auch mit Ehrfurcht behandelt, auch schon in den Tagen, wo es von seiner Würde, vom Adel
seiner Unschuld noch keine Ahnung hat. Und sobald das Kind hinreichendes Verständnis hat, muss die christliche Mutter ist belehren, „da
ss der Leib,
diese herrlich ausgestattete Wohnung der Seele, dem lieben Gott gehört;
dass er mit der Seele in den Himmel kommt, dass er dazu geheiligt werden müsse. „Der liebe Gott selbst warne un
s durch das Gefühl der Scham
vor der
r
ohen Bloßstellung des Körpers“. – Ernst.

Die Unschuld des Kindes muss nach Gottes heiligem Willen die beste Obhut
und den sichersten Schutz im Elternhaus finden; da soll sie gut geborgen sein,
da muss mit unablässiger Sorgfalt alles ferngehalten werden, was ihr Schaden,
was sie verletzen könnte, da muss alles die gewissenhafte Sittsamkeit und Ehrbarkeit verkünden, damit die Unschuld des Kindes nicht erblasse.

P. Cyprian, der hochverdienter Gründer des „Seraphischen Liebeswerkes“,
schärft den christlichen Mütter
n ein: „Besorgt die leibliche Pflege, das Waschen, Baden, Aus- und Ankleiden der Kinder, wenn sie noch klein sind, immer selber; überlasst diese Arbeiten niemals den älteren Geschwistern, auch nicht
einer jungen Dienstmagd, wenn euch nicht die äußerste Note dazu zwingt. Vollzieht diese Wartung auch nicht vor den Augen der Geschwister. Lass
t nie
die Kinder in der Wiege
halb entkleidet daliegen, duldet nicht, dass sie bloß
im Hemd in der Stube oder im Hof herum laufen. Sind die Kinder etwas
älter geworden, so dass sie sich schon selbst helfen können, dann sorgt doch,
dass ihr womöglich bei ihrem
Schlafengehen und Aufstehen, Aus- und Ankleiden gegenwärtig seid, und wacht, dass von allen die Schamhaftigkeit beachtet werde.“

Manche Mütter benehmen sich zu unbedachtsam, wenn sie an ihren
kleinen Kindern die Mutter
pflicht erfüllen; in diesem Stück sollte gewiss
die heilige Scham wohl eingehalten werden. Auch das viele Drücken, Küssen und schaukeln de
r Kinder kann gefährlich werden; es muss deshalb davor gewarnt werden. Der hl. Franz von Sales schreibt: „Gläser, die sich zu nahe kommen, brechen leicht, und zarte Früchte, wenn sie auch frisch und gut sind,
werden fleckig, wenn sie einander berühren. Dulde niemals, dass dich jemals de
m Anstand entgegen anfasse, weder scherzweise noch liebkosend.“
Wohl sind diese Worte für junge Leute geschrieben, aber sie geben auch
einen Wink für die Behandlung der Kinder.

Den Eltern auf dem Land muss sehr ernst nahegelegt werden, dass sie sich beim Paaren der Haustiere doch die Unschuld ihrer Kinder vor Augen halten. Bitter klagt hierüber Bischof Kramer: „Welch eine unbegreifliche Rücksichtslosigkeit hat in diesem Punkt nicht selten Platz!
Mit der größten Gleichgültigkeit lässt man es zu, dass so etwas unter den Augen der Kinder stattfinde; ja, man veranlasste sogar, indem man dabei die Kinder
zu Hilfe nimmt. Wie ist es möglich!
Sieht man denn nicht, dass solches geradezu darnach angetan ist, das Schamgefühl auf die nachteiligste Art zu verletzen
und gefährliche Versuchungen und Sünden wider die heilige Reinlichkeit herbeizuführen? Es ist unbegreiflich, wie es Eltern geben kann die das
nicht einsehen;
es ist eine Rücksichtslosigkeit, die wegen der nur zu leicht daraus sich entwickelnden üblen Folgen nicht genug bedauert werden kann.
Darum sei es euch, christliche Eltern, ans Herz gelegt, in diesem Punkt die
zarteste Rücksicht und Vorsicht walten zu lassen;
es ist insbesondere eure Sache und heilige Pflicht für euch; etwaige Mühe und Unbequemlichkeit
kann euch unmöglich davon dis
pensieren.“

Eine heilige Zucht muss dann im Haus herrschen in allen Gesprächen.
Die Reden, die in einem Haus geführt werden, sind ein zuverlässiges Kennzeichen vom
sittlichen Zustand seiner Bewohner. Herrscht in einem Haus
ein guter christlicher Geist, so zeigt sich dies vorab in den täglichen Gesprächen. Da wird kein zweideutiges, ungeziemendes Wort laut; da sch
eut man sich,
über gewisse Dinge und Vorfälle auch nur leise Anspielungen zu machen. Unanständige Dinge sollen nach dem Apostel von Christen gar nicht einmal genannt, viel weniger soll darüber gesprochen werden. Unsi
ttsame Reden, Scherze und Lieder sind schon an und für sich verwerflich und sündhaft.
Aber wie groß wird erst das Ärgernis und der Schaden für die Kinder sein,
wenn in dieser Hinsicht nicht die gewissenhafte
ste Vorsicht und Strenge
in der Familie herrscht. Wie manches Kind hat leider sein kostbares Gut,
die Unschuld, durch ein unvorsichtiges Worte einbüßen müssen,
das es zu Hause gehört hat!

Ein einzig Fünklein Feuer ins dürre Heu hinein;
I
m Nu wird deine Scheuer ein Raub der Flammen sein.
In deines Kindes Seele ein einzig böses Wort:
Als ob Feind sie stehle, die Unschuld, sie ist fort.“

Eine große Gefahr für die Unschuld der Kinder sind auch
unanständige Bilder
. Leider finden sich derartige Bilder in den Schaufenstern der Kaufleute, der Bilder-und Buchhandlungen, auf Seifen Schachteln, Zigarettenkisten, selbst Zuckerwaren
etc. so zahlreich, dass es nicht möglich ist,
sie den Augen der älteren Kinder ganz zu entziehen. Solange aber das Kind
noch klein ist und ganz unter der Obhut des Hauses steht, kann un
d muss
jedes
ungeziemende Bild von seinen Augen ferngehalten werden.
Dies muss sie jedem einleuchten.
Das reine Kinderauge gleicht nicht nur, sondern ist in Wahrheit ein fotografischer Apparat, der gute und schlechte Gegenstände gleich treu kopiert, und nur vollständige Verhüllung kann bewirken, dass die Umrisse schlechter Bilder dem unschuldigen Kinderherzen
verborgen bleiben .“ Fred Fidelis bei Weiß, 312.

Gewissenhafte Eltern werden darum keine irgendwie ungeziemende Bilder
an den Wänden der
Zimmer dulden noch auch Bücher, Zeitschriften und Witzblätter herumliegen lassen, in denen bildliche Darstellungen aufgenommen sind, die zarte Auge des unschuldigen Kindes ärgern könnten.
Die Heilige Schamhaftigkeit ist der beste Hort der Unschuld,
der schützende Engel, der das Kind rein und unversehrt bewahren wird.

Auf eine Gefahr der neuesten Zeit muss noch besonders aufmerksam
gemacht werden. Die deutschen Bischöfe schreiben in ihrem Hirtenbrief von 1913: „
Die von den Kinematographen-Theatern oder Lichtbildbühnen ausgehenden Schädigungen der Jugend sind so groß und offenkundig, dass auch der Staat
sich zu
Gegenmaßregeln genötigt sieht. Dass hier schon Kinder zu leichtfertigen Ausgaben verleitet, dass die Augen durch das Flimmerlicht verdorben, die Nerven überreizt werden, ist noch der geringere Schaden. Das Schlimmste ist, dass auch diese an sich großartige Erfindung vielfach zu Schlechtigkeit missbraucht, dass die Lichtbildbühne vielfach zu einer neuen Schaubühne der Unzucht gemacht wird. Sind daher schon die Erwachsenen zu äußerster Zurückhaltung und Vorsicht zu verpflichten, so muss vollends den Schulkindern der Besuch des öffentlichen Kinos durchaus verwehrt bleiben; besondere Schülervorstellungen, vorzüglich zum Zweck ernster Belehrung, sollen nur mit kluger Einschränkung nach gewissenhafter Prüfung zugelassen werden.“

3. Wachsamkeit über den Verkehr und Umgang der Kinder.

Was den Verkehr und Umgang der Kinder betrifft, können Fehler
begangen werden, die wirklich haarsträubend sind. Gott weiß es,
welche Verheerungen angerichtet werden, wenn man hierhin nicht jene Rücksichten nimmt, die Vernunft und Gewissen fordern, wenn die Eltern
die Pflicht der Wachsamkeit über ihre Kinder außer
Acht lassen.

Im eigenen Schlafzimmer der Eltern heranwachsende Kinder schlafen zu lassen,
ist eine sehr bedenkliche Sache. Kinder stellen sich schlafen
d und lauschen doch. Manche Eltern sind in dieser Hinsicht ganz blind. „Man sage nicht, die Kinder haben noch keinen Verstand, sie achten es nicht; aber sie haben doch Augen und Ohren, sie haben eine Seele, in die sich alles, was sie sehen oder hören,
wie in weiches Wachs
eindrückt. Man traue den Kindern nicht. Sie sind vorwitzig und lauern mit verstohlenen Augen auf alles, wenn man auch glaubt sie schlafen oder achten es nicht. Weg also mit den Kindern von vier oder fünf Jahren
aus der Schlafkammer der Eltern.“ – Jais.


Man lasse heranwachsende Kinder auch nicht bei Geschwistern verschiedenen Geschlechtes, am wenigsten im gleichen Bett schlafen. Auch
bei Dienstboten
soll man sie nicht schlafen lassen, wenn
diese in sittlicher Beziehung nicht vollkommen zuverlässig sind.
Bischof Zwerger schreibt in dieser Hinsicht: „
Mag das Kind auch erst vier Jahre
alt sein, so soll es nicht mehr mit einer Person des anderen Geschlechtes schlafen; bringt es die Beschränkung der Wohnung mit sich, ein Kind
mit einem Dienstboten im selben
Gemacht schlafen zu lassen, so bietet nichts
eine zuverlässige Sicherheit, außer nur die wahre, echte Frömmigkeit und Gottesfurcht jene
r Person.“ Ganz besonders müssen die Eltern mit
äußerster Sorgfalt acht haben, dass ihre Kinder ja nicht in die Lage kommen,
mit Fremden, unbekanntem Kindern beisammen schlafen zu müssen.
Sie hätten da ganz und gar keine Gewähr, dass nicht das schrecklichste Unheil h
iervon seinen Ausgang nimmt. Womöglichst sollten die Kinder in einem eigenen Zimmer, jedes für sich in einem Bettchen schlafen.

Der hl. Franz von Sales schrieb an Frau von Chantal: „Ihre Kinder müssen allein schlafen, so viel es eben möglich ist, oder höchstens bei Personen, auf die Sie ebensoviel Vertrauen setzen können, wie auf sich selbst. Es ist nicht zu glauben, wie wertvoll diese Mahnung ist. Die Erfahrung empfiehlt sie mir alle Tage.“

Die Eltern müssen sich genau von der sittlichen Zuverlässigkeit jener Personen überzeugen, denen sie ihre Kinder zur Pflege und Wartung anvertrauen.
Nur tiefe Frömmigkeit und Sittlichkeit sind die einzige Garantie.
Nun Vertrauen manche Mütter gerade in der ersten Zeit ihre Kinder
ohne Sorg´ und Kummer zum Hüten und Warten fremden Personen an.
Wie wenig denken diese Mütter oft daran, dass durch eine nachlässige, gewissenlose Pflege gerade in der frühesten Jugend schon im Kind Neigungen und Begierden entwickelt werden, die später mit elementarer Gewalt hervorbrechen! Dann fragt man sich wohl ratlos, woher auch? Schuld ist jener Mangel
an mütterlicher Aufmerksamkeit in der unscheinbaren ersten Kinderpflege.
Daher Vorsicht und Gewissenhaftigkeit und
treue Überwachung der Kinderpflege!“ Dr. Fr. Keller, S. 71.

Einsichtsvolle Eltern werden auch wohl acht haben, dass sie ihre Kinder nicht
mit einer Person des anderen Geschlechtes,
sei sie auch Knecht oder Magd,
längere Zeit allein auf dem Feld oder an einem verborgenen Ort verkehren
oder arbeiten lassen. Auch beim Spiel müssen die Kinder beaufsichtigt werden. Man dulde nicht, dass sie ihre Spiele im Dunklen machen oder in
verborgenen Winkeln, Scheunen,
Ställen, Gebüschen. Ohne Aufsicht soll man sie überhaupt nicht spielen lassen. „Natürlich darf diese Aufsicht, besonders
bei älteren Kindern, nicht aufdringlich, sondern nur ein Umsiewissen sein.
Solange man die Kinder
laut sprechen, lachen oder lärmen hört, kann man wohl ruhig sein. Wird aber alles still, so säume man nicht, ganz unauffällig nachzusehen, was geschieht. Man lasse die Kinder nicht allein zu Hause bleiben, am wenigsten eingesperrt, oder etwa sogar ohne Aufsicht baden. Unter keinem Vorwand
sollen sie am Abend sich draußen herumtreiben. In wohlbegründete
r Besorgnis rufen gewissenhafte Eltern die Kinder unter ihre Augen,
sobald die Dunkelheit beginnt.“ – Ernst, Elternpflicht, S. 70.

Desgleichen müssen die Eltern mit ängstlicher Sorgfalt wachen über den Umgang ihrer Kinder außer dem Haus, bei dem Spielen mit Nachbarkindern und über
den Verkehr mit Schulkameraden. Alban
Stolz meint sehr wohlwollend: „Lass auch die Kinder nicht mit anderen Kindern herumlaufen oder spielen, ohne dass du stets sie unter den Augen behaltest; es sind schon manche Kinder, die zu Hause ganz gut in Aufsicht standen, elend verdorben und in große Sünden geraten,
weil man sie mit anderen Kindern auf der Gasse herumlaufen ließ, von denen sie dann im Schlechten unterrichtet worden sind.“

Freilich darf man auch nicht zu weit gehen. Es wäre gewiss nicht zu empfehlen,
die eigenen Kinder grundsätzlich von fremden Kindern abzuschließen und sie nur unter sich spielen zu lassen. Der Umgang mit wirklich braven und frommen Kindern gute
r Familien bringt manche schätzenswerte Vorteile. Desto mehr müssen aber die Eltern wachen, dass sich ihre Kinder nicht mit leichtfertigen Kameraden herumtreiben. Wenn ein Kind nach Hause kommt und etwa unverstandene Zoten mitbringt, so soll es umsichtig befragt werden, wo es diese Zoten gehört habe, und dann muss in der Umgang mit dem betreffenden Kindern durchaus verboten werden. – Im Allgemeinen kann man endlich den Grundsatz aufstellen: größere Kinder gehören zu größeren Kindern, kleinere Kinder
zu kleinen; Knaben gehören zu Knaben, und Mädchen zu Mädchen.
„Das kleine Mädchen soll sich schämen, mit Knaben zu spielen“,
meinte schon der h
l. Hieronymus.

Den Kindern auf den Viehweiden soll womöglich eine Beschäftigung in Handarbeiten gegeben werden. Es gibt leider nur zu oft unselige Weideplätze.


O möchten doch die christlichen Eltern all ihre Sorgfalt und Wachsamkeit aufbieten und ihren Kindern eine solche Liebe zur Unschuld einflößen,
dass sie aus dem Innersten Grund ihrer Kinderseele mit
einem h
l. Kasimir sprechen: „Lieber sterben als verderben !“

Der Sittenreine Mensch, ob arm oder reich, gelehrt oder ungelehrt, ist das eigentliche Meisterwerk der Erziehung.“ – Ernst.

Quelle: Die Christliche Familie – P. Konstanz Rudigier 1920 – S. 307 bis 313

Verpassen Sie keine neuen Beiträge: