Ich hoffe, nicht Ihre Geduld erschöpft zu haben und bitte Sie, mir noch weiter ohne Vorurteile zuzuhören. Ich komme jetzt zu der Frage der Kopfbedeckung, die noch heikler ist. Auch hier sind die christliche Tradition und selbst die Traditionen der anderen Kulturen einmütig. Alle Gemälde und Bilder aus christlichen Zeiten zeigen die Frauen mit bedecktem Haupt. Nehmen Sie z. B. die Fotografien der drei Kinder aus Fatima: Luzia und Jacintha tragen einen langen Schleier. Man hat das Ende des 20. Jahrhunderts abwarten müssen, wo die Frauen, besonders in der Kirche, keine Kopfbedeckung mehr tragen.
Bemerken Sie hier noch einmal die wirksame Tätigkeit der Kirchenfeinde und somit der Feinde unserer Seelen, um dieses Ergebnis zu erzielen. Zum Beispiel war die Bretagne zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine zutiefst christliche Gegend, wo alle Frauen Schleier trugen. Und nun versuchten Lehrer staatlicher Pflichtschulen, die kurz zuvor durchgesetzt wurden, die kleinen Mädchen aus „hygienischen Gründen“
zu zwingen, sich nicht mehr zu bedecken.
Welches ist der Grund, warum es die christliche Tradition den Frauen nahelegt, das Haupt bedeckt zu tragen? Ich werde die Hauptgründe nennen, und Sie werden zugeben müssen, dass sie sehr schön sind.
II.1 Zeichen der Ergebenheit
Die Apostel wünschten bereits die Kopfbedeckung bei den Christinnen. Der heilige Paulus
sieht darin ein Kennzeichen der von Gott gewollten Ordnung in der Familie unter Mann und Frau1.
Sehr oft wird das falsch verstanden.
Jede Gesellschaft braucht eine Obrigkeit, um geregelt, d. h. im Frieden zu leben. Die von Gott geschaffene Natur hat es so eingerichtet, dass der Ehemann das Oberhaupt einer Familie ist. Warum ist das so?
Weil in den meisten Fällen und im Normalfall der Mann kräftiger ist als die Frau. Er ist für die Außenarbeiten geschaffen. Er ist zu einer beständigeren Urteilskraft fähig.
Das bedeutet jedoch in keiner Weise, dass die Gattin eine Sklavin ist, wie man das leider im Islam oder noch bei dekadenten Völkern antrifft. Sie ist eine Gefährtin. Sie ist sogar Herrin in ihrem Bereich der Sorge
für das Haus und der Hauswirtschaft. Das dürfen die Männer nicht vergessen. Ein echtes Oberhaupt
versteht es, die berechtigte Machtbefugnis der Untergebenen in ihren Bereichen zu achten.
Unser Herr hat uns ein Bild dieser Familienrangordnung in seiner Verbindung mit der Kirche geben wollen. Er lieferte sich für seine mystische Braut dem Kreuzestod aus. Er behandelt sie nicht wie eine Sklavin,
sondern wie eine Braut. Und doch ist Er das Oberhaupt und übt seine Macht über sie aus.
Wenn eine Gemahlin die Familiengewalt ausüben muss, weil entweder der Ehemann schwach
oder sie Witwe ist, dann ist das meistens eine sehr große Bürde für sie — das ist eine Tatsache.
Das ist also der erste Grund für die Kopfbedeckung. Ich habe es bereits mehrere Male gesagt:
Die Kleidung ist ein Zeichen dessen, was man ist. Man hätte sich vielleicht auch ein anderes Zeichen für die Rangordnung in einer Familie vorstellen können. In allen Fällen jedoch ist der Schleier das jahrhundertelange traditionelle Kennzeichen. Und der heilige Paulus gibt sogar zu verstehen, dass er ein natürliches Zeichen sei, denn es sei natürlich, dass Frauen lange Haare haben, die ein natürlicher Schleier sind.
Dieses Zeichen zu tragen, ist besonders in der Kirche wichtig — die Apostel haben darauf bestanden,
weil man dort vor Gott hintritt, der die menschliche Gesellschaft begründet hat.
II.2 Zeichen der Berufung
Ich komme auf den zweiten Grund zu sprechen, der ohne Zweifel vielsagender und mir schöner zu sein scheint: Die Kopfbedeckung und besonders der Schleier sind das Zeichen der besonderen Berufung der Frau. Dass sie das Haupt, vor allem mit einem Schleier, bedeckt hält, verleiht der Frau eine reale Würde, die Achtung erweckt.
II.2.1 Die Berufung der Frau
Wie kann man kurz die Berufung von Mann und Frau darlegen?
Der Mann ist aufgrund seines Körperbaus für die Schwerarbeiten geschaffen. Er ist eher Organisator, Hersteller. Er liebt es, nach draußen zu gehen, die Natur und die Geschöpfe zu beherrschen.
Sein Verstand ist spekulativ und überlegt.
Die Frau ist wegen ihrer körperlichen Konstitution der Weitergabe des Lebens geweiht. Gott hat ihr eine psychologische Feinfühligkeit geschenkt, eine Intuition, aber auch eine Sanftmut und das Gespür zum Mitfühlen, sowie alle Eigenschaften, die es ihr erlauben, Kinder zu erziehen. Sie ist eher als der Mann für die Sorge im Heim geschaffen. Ihr Verstand ist sehr intuitiv. Eine echte Frau versteht es sofort mit dem Herzen, was die Männer mit dem Verstand mühsam zergliedern. Die Männer sind manchmal zu sehr Verstandesmenschen.
Jede Person ist selbstverständlich einzigartig, und diese charakteristischen Merkmale setzen sich auf recht unterschiedliche Weise in die Tat um. Des Weiteren ist die Frau an sich nicht unfähig, dieselben Berufe wie die Männer, von einigen Ausnahmen abgesehen, auszuüben. Das Problem liegt nicht da. Es gibt charakteristische Hauptzüge und Reichtümer in beiden Geschlechtern, die sich ergänzen. Will man Mann und Frau vereinheitlichen, verliert man diese Reichtümer und steuert auf die Katastrophe zu.
II.2.2 Die Zeugung
Erlauben Sie mir, besonders auf die Berufung zur Mutterschaft bei der Frau einzugehen.
Sie werden verstehen, warum.
Bei der Zeugung geschieht etwas Heiliges; ja, etwas Heiliges! Wenn ein Kind gezeugt wird, tragen die Eltern nur zu den materiellen Elementen bei, die einen menschlichen Körper bilden. Aber der Mensch, im Gegensatz zu den Tieren, ist mit einer Geistseele versehen. Nun, Sie verstehen gut, dass der Mensch nicht in der Lage ist, eine Geistseele zu erzeugen. Nur Gott allein kann das. So greift Gott jedes Mal direkt bei der Zeugung eines Kindes ein, um die Geistseele zu erschaffen, die sich mit dem von den Eltern gezeugten Körper vereinigt und einen Menschen bildet. Und es ist im Mutterschoß, wo sich diese Schöpfung Gottes verwirklicht! Sie sehen, wie nahe die Frau an dieses göttliche Wirken rührt. Von diesem Standpunkt aus kann man in gewisser Weise sagen, dass sie an das Heilige heranrückt.
Und jetzt beachten Sie, was die Kirche macht, oder selbst die Menschen instinktiv angesichts dessen, was geheiligt ist: Sie verhüllen es als Zeichen der Hochachtung! Sie trennen es vom Profanen. Sehen Sie in dieser Kirche die Geistlichen! Wenn sie die Messe zelebrieren oder wenn sie sich dem Altar nähern, bekleiden sie sich mit Gewändern, die sie noch mehr bedecken. In unserem dominikanischen Ritus hat der Priester noch den Kopf bedeckt, wenn er zum Altar schreitet. Die Tabernakel sind gewöhnlich, selbst wenn das nicht die Sitte in Deutschland ist, unter einem Schleier, einem Velum verborgen. In ihrem Inneren bedeckt ein weiterer Schleier die Ziborien, wie früher das Allerheiligste im Tempel von Jerusalem. Die Ziborien selbst sind mit einem Velum bedeckt. In den östlichen Kirchen ist es das ganze Heiligtum, welches von der Ikonostase abgeschlossen wird. Ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen.
Wir haben hier wahrscheinlich den tiefsten Grund für die Kopfbedeckung der Frau, vor allem in der Kirche. Sie ist ein Zeichen der Hochachtung ihrer geheimnisvollen und außergewöhnlichen Berufung, Kindern das Leben zu schenken. Sehen Sie, wie erhaben und schön das ist!
Liebe Frauen und Mädchen, wenn Sie noch zweifeln an dem Zutreffen dieser Erklärungen, machen Sie den Versuch, Ihren Kopf mindestens in der Kirche zu bedecken. Sie werden bald erfahren, was ich meine.
III Schluss
Um heute diese Kleidervorschriften zu beachten, um sich gemäß unserer christlichen Würde zu kleiden, sei es als Mann oder als Frau, bedarf es offensichtlich eines gewissen Mutes, ich gestehe das zu, ohne Zweifel — selbst in unseren Kirchen. Man muss bereit sein, die Menschenfurcht zu besiegen. Man muss sich von der Mode abheben. Aber wenn Sie bereit sind, diese Mühe auf sich zu nehmen, wird in Ihnen die Gnade Gottes wachsen, aber auch die moralische Stärke.
„Das Übel des Tages“, sagt Dom Bernard Maréchaux, „ist, dass die Abgrenzungslinie zwischen Christen und Nicht-Christen sich mehr und mehr auflöst. Jene, die sich Christen nennen, leben allzu oft so, wie jene, die auf diesen Titel verzichtet haben.“
Die Kirche läuft Gefahr, sich in der Welt aufzulösen, die Christenheit in der gefallenen Menschheit. Man findet praktisch keine Christen mehr, auf die man die Worte des heiligen Paulus anwenden kann: „Seid Söhne Gottes ohne Schuld und Fehl inmitten einer verdorbenen und perversen Nation, unter der ihr wie Fackeln in dieser Welt leuchtet“ (Phil 2,15).
Die Moslems zögern nicht, ihren Schleier für eine schlechte Sache zu tragen, um ihre Identität zu behaupten, letztendlich aus politischen Gründen. Es liegt an uns, die christlichen Sitten mit Stolz aus Liebe zu Gott zu fördern.
Kardinal Siri lud in seiner Belehrung, die ich Ihnen zitierte, seinen Kirchsprengel ein, den Blick nicht auf die eigene Person allein zu richten, sondern „an die gesamte Menschheit zu denken, die auf ein Chaos zusteuert, das erreicht sein wird, wenn die Frauen vollkommen den Männern gleichgemacht sind“.
Wir wollen, dass die Frau, in der Nachfolge der Jungfrau Maria, Königin sei, dass sie geehrt werde, dass sie erbaue und zum Guten anziehe. Diese Ehre wird sie mit ihrer Sittsamkeit, ihrer Zurückhaltung und ihrer Schamhaftigkeit wiederfinden.
Ihr Ideal, liebe Frauen und Mädchen, soll die allerseligste Jungfrau Maria sein. Sie war auf Erden die reinste, die gehorsamste, die mildeste, die frömmste, aber auch die kraftvollste, die großzügigste der Frauen und der Menschen. Nun ehren sie alle Männer, die sie kennen, als eine Königin, eine Miterlöserin, eine Mutter. Sie herrscht in der Welt durch ihre Weiblichkeit.
Vertrauen wir diese Frage der christlichen Sittsamkeit Unserer Lieben Frau an, damit sie die Geister erleuchte und uns vor der Verderbnis der modernen Sitten bewahre.
1Vgl.1Kor 11,1-16
Quelle: Pater Raymond OP – dreiteilige Predigtreihe – 2010
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