Der Elternsegen – Teil 1 von 3 – Sein Ursprung

  • Beitrags-Kategorie:Erziehung / Kinder
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Ein altehrwürdiger und heiliger Gebrauch gut katholischer Familien ist der sogenannte Elternsegen,
der Gebrauch, daß Väter und Mütter täglich ihre Kinder segnen, daß die Kinder täglich ihre Eltern um den Segen bitten. Der Elternsegen ist ein Glückwunsch der Eltern, verbunden mit Gebet und der Bezeichnung mit dem hl. Kreuzzeichen, dadurch wird in Kraft des Gebetes und des Segens göttliche Gnade und Hilfe
über die Kinder herabgefleht. Diese schöne Sitte kann man das Sakramentale des häuslichen Herdes nennen.
Um nun die katholischen Familien aufzumuntern, dass sie an diesem ehrwürdigen Brauch treu festhalten oder ihn, wenn er etwa außer Übung gekommen sein sollte, wiedereinführen, wollen wir zunächst den heiligen Ursprung des Elternsegens etwas näher erwägen.

1. Der Elternsegen hat seinen Ursprung in der hohen Würde der Eltern. Sowohl im Alten als im Neuen Bund wird die Elternwürde als ein königliches Priestertum bezeichnet. Wie nun die Priester das Recht haben, die Gläubigen zu segnen, so haben auch die Eltern das Recht, ihre Kinder zu segnen. Die Eltern vertreten an ihren Kindern die Stelle Gottes; aus dieser Würde fließt wie von selbst die Gewalt, die Kinder zu segnen. Die Heilige Schrift setzt dieses Recht voraus, wenn sie an verschiedenen Stellen dem Segen der Eltern eine außerordentliche Wirksamkeit zuschreibt. Dies ist auch ganz begreiflich. Je näher jemand Gott durch seine Würde steht, desto größer ist sein Anrecht auf Erhörung. Wie könnte bei der hohen Würde, die die Eltern bekleiden, ihr Segen, der ja Gottes Segen ist, unwirksam sein?

Der Elternsegen wurzelt ferner im hl. Sakrament der Ehe. Beim Empfang dieses „großen Sakramentes“ hat
der Priester als Stellvertreter Gottes auf die Hände des Brautpaares die geweihte Stola gelegt, sie
mit Weihwasser besprengt und mit dem hl. Kreuz gesegnet. Das Brautpaar hat damit gewissermaßen
die Gewalt bekommen, die Kinder, die ihnen der Herr schenken wird, zu segnen. Aus welch reicher Quelle dieser Segen geschöpft wird, können die Eltern sehen aus den Gebeten, die die Kirche während der Brautmesse bei Erteilung des Brautsegens verrichtet: „Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs segne euch.
Wie er zu Tobias und Sara, der Tochter Raguels, seinen Friedensengel, den hl. Raphael, gesandt hat, so sende er über euch seinen Segen. Es segne euch der allmächtige Gott, auf daß ihr sehet die Kinder eurer Kinder bis ins dritte und vierte Geschlecht und das ewige Leben erlanget.“ Aus dieser reichen Segensfülle, die während des ganzen Ehestandes hindurch fließt, schöpfen die Elternhände, so oft sie sich betend und segnend erheben, und gießen Segen über Leib und Seele ihrer Kinder aus.

2. Tatsächlich haben auch die Menschen, die den Glauben an Gott
nicht verloren haben, am Elternsegen immer festgehalten.

Er ist so alt wie die Menschheit. Im Alten Bund wurde der Elternsegen überaus hoch geschätzt. So lesen wir, wie die Patriarchen und gotterleuchteten Männer auf die Häupter ihrer vor ihnen knienden Söhne
die reichsten Segnungen herabriefen. Man erinnere sich, wie Noe seine beiden Söhne Sem und Japhet segnete, während er den schamlosen Cham verfluchte. Leiden die Chamiten, die Neger in Afrika, nicht noch immer unter diesem Fluch? Man denke an Isaaks Söhne, wie begierig sie nach dem Segen des Vaters verlangten.
Und als Jakob dem Esau den Segen des Erstgebornen durch der Mutter List hinweggenommen hatte, rief Esau betrübt aus: „Hast du denn nur einen Segen, mein Vater? ich bitte dich, segne auch mich.“ Gn 27, 38. Und Isaak segnete auch ihn.

Wir sehen ferner, wie David, Tobias, Raguel, Mathathias ihre Kinder segneten. Als dann in der Fülle
der Zeiten der Sohn Gottes, unser aller geistlicher Stammvater, auf der Welt erschien, kam er nicht,
„das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen“ (Mt 5, 17), und deshalb segnete er auch die Kinder.
Es ist wohl ein schönes Bild aus dem Leben Jesu, wie er als göttlicher Kinderfreund den Kindern Galiläas
und Judäas die Hände auflegte, sie in seine Arme nahm und segnete. Der göttliche Heiland hat das Gesetz nicht bloß erfüllt, sondern auch vervollkommnet; darum hat er die Segenskraft der Eltern nicht nur durch
ein Sakrament erhöht, sondern auch erweitert.

Im Alten Bund segnete, soviel uns bekannt ist, nur der Vater, nicht auch die Mutter; der Vater als Oberhaupt der Familie segnete damals allein. Anders im Christentum. Seitdem die jungfräuliche Gottesmutter Maria der Welt den Segen gebracht, seitdem die „Gnadenvolle“ uns die Quelle alles Segens gebracht hat, seitdem die „Gebenedeite unter den Weibern“ die Mutter des Sohnes Gottes geworden ist, seitdem die zweite Eva den Fluch von ihrem Geschlecht genommen hat, in den die erste Eva es gestürzt hatte: seit dieser Zeit segnet auch die Mutter, und gerade sie.

Im Christentum hat sich der Elternsegen, ausgehend von den heiligsten Händen Jesu und Mariä, durch alle Jahrhunderte hindurch erhalten und ist bis auf uns gekommen.

Aus den ersten christlichen Jahrhunderten ist uns überliefert, wie die Eltern täglich ihre Kinder mit dem hl. Kreuz bezeichneten; wir lesen, wie Söhne und Töchter ihre dem Martertod entgegensehenden Eltern im Kerker aufsuchten und von ihnen den letzten Segen erbaten;
wie Väter und Mütter ihre Kinder auf dem Gang zum Martyrium durch ihren Segen
und ihre Worte zur Standhaftigkeit ermunterten.

Die hl. Großmutter Makrina erteilte ihren Enkeln mit einer solchen Kraft den Segen,
daß aus ihnen große Heilige und Kirchenväter wurden, nämlich der hl. Basilius
und der hl. Gregor von Nyssa.

Die hl. Nonna segnete ihren Sohn, den spätern hl. Gregor von Nazianz, schon im
zartesten Kindesalter und weihte ihn dem Dienst Jesu, indem sie seine beiden Hände
auf die Hl. Schrift legte.

Als der große Kaiser Theodosius im Begriff stand, Konstantinopel zu verlassen, um
in dem Tyrannen Eugenius den letzten Rest des Heidentums auszurotten, segnete er
öffentlich seine zwei Söhne, die er soeben zu Kaisern ernannt hatte.

Der junge Bajard, ein echter Ritter ohne Furcht und Tadel, zieht aus zu ruhmvollem Kampf; sein Pferd ist schon gerüstet, von Ungeduld brennend, die Reise anzutreten. Bevor jedoch der Ritter es besteigt, kniet er nieder vor Vater und Mutter und empfängt gesenkten Hauptes den Segen seiner frommen Eltern. Dann erst gibt er dem Pferd die Sporen, in der Überzeugung, daß er sich jetzt um so gewisser überall als Ritter sonder Furcht und Tadel erweisen werde.

Von Thomas Morus, dem heiligen und heldenmütigen Kanzler von England, schreibt
sein Lebensbeschreiber Stapleton: „Bei uns ist es Sitte, daß die Kinder morgens und abends
ihre Eltern kniend um den Segen bitten; das ist ein in England allgemein verbreiteter Gebrauch ; aber ich muß bekennen, daß, wenn in reifern Jahren die Kinder geheiratet haben oder zu
irgend einer kirchlichen oder weltlichen Würde erhoben worden sind, sie selten oder
nie dieser Gewohnheit treu bleiben. Um so beachtenswerter ist es, daß Morus, solange
sein Vater lebte, selbst als er Kanzler von England war, es nie unterließ, ihn jeden Abend
demütig um den Segen zu bitten. Welch herrlichen Anblick bot nicht dieser große Mann,
indem er die Würde eines Großsiegelbewahrers vor seinem greisen Vater in den Staub neigte,
und dann seinerseits seine Tochter Margarete segnete, eine Tochter, die vollkommen
seiner würdig war, und der der Bekenner am Vorabend seines Märtyrertodes als letztes Geschenk mit seinem Segen das härene Bußgewand sandte, das er getragen hatte.“

Von Johann Gerson, dem großen Kanzler der berühmten Pariser Hochschule, erzählt seine Lebensgeschichte, daß er in seiner Jugend als ältestes seiner Geschwister zuerst den väterlichen
und mütterlichen Segen erhalten habe.

In einem spätern Jahrhundert sehen wir den jungen Franz von Sales, wie er vor seinen Eltern, Herrn und Frau von Boisy, niederkniet und sich segnen läßt von denen, die er einst selbst
segnen sollte mit seinen bischöflichen Händen.

In der Lebensgeschichte der hl. Johanna von Chantal stehen die schönen Worte: „Zeitig nach dem Abendessen zog sie sich mit ihren Kindern zurück, betete mit ihnen das Nachtgebet.
Nun machte jedes die Gewissenserforschung, bat den hl. Schutzengel um seinen Schutz,
worauf Frau von Chantal ihren Kindern das Weihwasser reihte, ihnen das Kreuz auf die Stirne zeichnete und sie so mit ihrem Segen entließ.“

Quelle: „Die christliche Familie“ – P. Konstanz Rudigier – 1920 – P. Cyprian Fröhlich O. Cap.

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