Gedicht über das „Vergelt’s Gott“

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Folgende wahre Begebenheit ereignete sich im Jahre 1852 in dem österreichischen Städtchen Albendorf, als ein armes altes Weibchen für ihren kranken Mann in der Metzge sich ein Stückchen Fleisch zu einer Suppe erbitten wollte. Siehe: „Annalen der Kindheit Jesu“, Jahrgang IV. S. 21

Zu Albendorf im Glatzer Gau
Wankt eine alte fromme Frau
Am Stabe durch die Gassen.
So einsam und verlassen.

Sie ist so schwach sie ist so arm,
Sie trägt den leeren Korb am Arm,
Will in die Metzge gehen
Ein Stücklein zu erflehen.

Umsonst, umsonst bemühst Du Dich,
Du arme Frau, was kümmert sich
Der Metzger um die Armen?
Was weiß der von Erbarmen?

„Der liebe Gott verlässt mich nicht“,
Die gute Frau im Herzen spricht:
Mit dem Korb am Arme
Dem Metzger naht die Arme.

„Hab‘ solche Kunden nicht zu gern“,
Ruft ihr der Meister zu von fern,
„Mag gute prompte Zahler
Und ihre blanken Taler“.

„Umsonst begehr‘ ich’s selber nicht“
Das Mütterlein bescheiden spricht:
„Vergelt’s Gott tausend male,
Mit dem ich gar gut zahle.“

„Ei“, hat der Metzger seinen Spott,
„Lass‘ seh‘n was dein „Vergelt es Gott“
Wird auf der Schale wiegen,
Das sollst du alles kriegen.“

Und lachend auf ein Stück Papier:
„Vergelt’s Go?t!“ schreibt der Meister ihr,
Und legt es hin … o Wunder!
Die Schale sinkt hinunter!

Und von der nächsten Bank erfasst
Ein Stücklein Fleisch er in der Hast
Es auf die Wag’ zu legen.
Die will sich nicht bewegen.

Er schneidet schnell ein zweites ab.
Die Schale sinkt kein Haar hinab.
Das Weiblein lässt ihn schalten,
erkennend Gottes Walten.

Und Stück um Stück legt jener zu,
Die Schale steht in guter Ruh‘;
Es will ihm nicht gelingen
Das „Vergelt’s Gott!“ nauf zu bringen.

Schon hat er nichts im Vorrat mehr:
O, das „Vergelt’s Gott!“ wiegt so schwer!
Er kann sich nicht mehr halten,
Er muss die Hände falten.

Dem Mütterlein er gern beschert
Wie viel zu nehmen sie begehrt;
Nach Gotteslohn zu streben
Will er sein ganzes Leben.

Das Herz bleibt ihm wie umgewandt
Und daher preist er Gottes Hand,
Die ihn gelehrt, der Armen
sich mildreich zu erbarmen.

Zu Albendorf im Glatzer-Gau
Zum Gnadenbild der Lieben Frau
Viel fromme Waller treten,
Viel arme Herzen beten.

Du hohe Mutter auf dem Thron!
Wer hat, wie Du, von Gottes Lohn,
Von solchen wunderbaren
„Vergelt es Gott“ erfahren.

Vergolden wird Dir droben schon,
Dass unten Du den lieben Sohn
Als Spend für neues Leben
Zum Tode hingegeben.

O wende so Du allerwärts,
Wo da ein gutes Menschenherz
Nicht spenden will den Armen;
O wend’ es zum Erbarmen!

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