Treue Liebe

  • Beitrags-Kategorie:Ehe
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Wohin du gehst, dahin gehe auch ich;
und wo immer du bleibst, da bleibe auch ich.
Dein Volk ist mein Volk,
und dein Gott ist mein Gott.
Ruth. 1,16.

Das Buch Ruth erzählt, wie Elimelech mit seiner Gattin Noemi zur Zeit einer Hungersnot in das Land Moab zog und sich da niederließ. Dort starben er und auch seine beiden Söhne, die sich daselbst verheiratet hatten. Als nun Noemi hörte, das die Hungersnot vorüber sei, beschloss sie, in die Heimat zurückzukehren.
Sie reiste mit ihren Schwiegertöchtern ab. Unterwegs forderte sie diese auf, sie sollten doch zurückkehren in ihr Land. Die eine kehrte um. Ruth aber ließ sich nicht bewegen und sagte der Schwiegermutter: „Belästige mich nicht damit, das ich dich verlassen und fortgehen soll; denn wohin du gehst, dahin gehe auch ich;
und wo immer du bleibst, dort bleibe auch ich, Dein Volk ist mein Volk, dein Gott ist mein Gott.“ Man legt diese schönen Worte jetzt vielfach der Braut in den Mund, wenn sie im Begriffe ist, ihrem Bräutigam zu folgen, nachdem sie ihm das Jawort fürs Leben gegeben hat. 1)

Diese biblischen Worte drücken in sinniger Weise die Gedanken der Liebe aus, die sich unwiderruflich mit dem Geliebten so innig vereinigen möchte, dass die zwei nach Gottes Wort nur noch eins sind. Der Liebende will ausschließlich dem Geliebten angehören und erwartet von ihm ein Gleiches. „Ich will dich lieben, dich allein; dich mehr als alle anderen. Wir wollen einander angehören, füreinander leben, miteinander Freud und Leid teilen. Wir wollen einander treu bleiben bis zum Tode, bis übers Grab hinaus.“ Das ist die Sprache liebender Seelen. Wenn die Liebe einmal jemand ihr Herz geschenkt, kann und will sie nicht mehr von ihm lassen. Sie kann ihn auch nicht vergessen, auch dann nicht, wenn sie selbst nicht treu blieb, wie es der Dichter ergreifend sagt:

Nimmer werd ich froh,
So verrauschte Scherz und Kuss
Und die Treue so!
Ich besaß es doch einmal,
Was so köstlich ist,
Aß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergisst!

Das innerste Wesen der Liebe verlangt nach Treue.
Treue ist eine edle, herrliche Tugend. Man nennt treue Menschen goldene Seelen. Auf treue Menschen kann man sich verlassen, auf sie kann man rechnen und bauen; man wird nicht getäuscht werden. Treue ist das Fundament der Ehe, treue Gattenliebe begründet das Glück der Familie. Treue Gattenliebe hält in allen Schwierigkeiten stand, treue Gattenliebe bleibt fest gegenüber allen Verlockungen, treue Gattenliebe sucht ihre Erfüllung nur im Gatten, treue Gattenliebe ist das Abbild der treuen Liebe zwischen Christus und der Kirche. Sie wird nicht wankend in den Wechselfällen des Lebens, sie wird nicht erschüttert durch Fehler und Unvollkommenheiten des Gatten, sie zerbricht nicht unter der Gewalt der Leidenschaft.

Und weil die Treue so schön und herrlich ist, ist Untreue unschön, hässlich und verächtlich. Das gilt von jeder Untreue; vorzüglich aber von der Untreue in der Liebe. Denn in diesem Falle handelt es sich um das Lebens- und Liebesglück des Menschen.

Es ist schon empörend, wenn ein junger Mensch leichtsinnig mit der Liebe spielt. Ein edler, gewissenhafter Charakter wirbt nicht um Zuneigung und weckt keine Hoffnung, wenn er nicht entschlossen ist, sie zu erfüllen. Mit dem Heiligsten und Schönsten, das es zwischen zwei jungen Menschen gibt, der bräutlichen Liebe, darf man nicht scherzen und tändeln.
Wenn es sich um das Lebensglück eines Menschen handelt, den man zu lieben vorgibt, darf man ihn nicht täuschen und betrügen. Manches Herz ist gebrochen, manches Leben geknickt, manches Glück zerstört worden, weil man eine Zuneigung weckte, dann aber grundlos und treulos das Verhältnis brach. Deshalb überlegt es sich ein edler Mensch wohl, bevor er um Liebe wirbt. Noch gewissenloser ist Treulosigkeit in der Ehe. Sie ist Verrat an dem heiligen Versprechen gegenüber dem Ehegatten, und er wird von den Menschen allgemein verurteilt und verachtet. Heidnische Völker, das mosaische Gesetz und das germanische Volk bestraften den Ehebruch mit dem Tode. Es ist ein trauriges Zeichen für den sittlichen Niedergang unserer Zeit, dass viele Schauspiele und Romane es wagen dürfen, den Ehebruch als verzeihliche Schwäche, als etwas Interessantes, als Heldentat hinzustellen. Diese literarischen Erzeugnisse erhalten meist erst durch solche Schilderungen ihre Zugkraft. Edle Selbstachtung sollte Sie schon zurückhalten, solche Vorstellungen zu besuchen, solche Bücher zu lesen. Ein edler Mensch lässt sich seine christlichen Auffassungen von Ehe, Liebe und Treue nicht rauben. Wer sich aber solche Bücher und Vorstellungen nicht versagen will, verliert allmählich den natürlichen Abscheu vor solchen Irrwegen; er sieht in solchen Vergehen nicht mehr das Schmähliche, und langsam wächst sein Interesse an solchen „Liebesabenteuern“. Wenn sich dann eine Neigung einstellt oder die Gelegenheit zur Sünde bietet, kann die Standhaftigkeit auf eine schwere Probe gestellt werden. Eine traurige Erfahrung lehrt, dass viele sie nicht bestehen. Wer das Leben kennt, erschrickt vor jener unheimlichen Macht der Leidenschaft, die Zahllose zu Schritten verleitet, die sie selbst kurze Zeit vorher für ausgeschlossen hielten.

Seien Sie daher zurückhaltend, wenn Sie jemals bemerken sollten, dass ein anderer Mensch Sie innerlich so berührt, dass eine Zuneigung aufbricht oder sich in Ihr Herz einzuschleichen sucht. Es ist menschlich, dass solche Dinge sich einstellen. Wenn Ihnen aber Ihr Eheglück lieb ist, so geben Sie nicht nach.
Lassen Sie sich auch nicht täuschen durch das oft gebrauchte Wort, dieser persönliche nähere Verkehr mit diesem oder jenem Menschen sei „ja nur eine Freundschaft“. Das ist eine gefährliche Belastung der ehelichen Liebe. Nur zu leicht ist der Riss in der Ehe da. Mit dem Freund, der Freundin spricht man sich aus. Die Entfremdung mit dem Ehegatten ist die Folge, und mit dem Glück ist’s aus, und auch mit der Treue. — Für viele war es der Anfang des Verderbens, dass sie jemand fanden, mit dem sie sich gut verstanden, vielleicht besser als mit dem Ehegatten.

Es gibt keinen herberen Schmerz für einen Liebenden als das Bewusstsein: „Ich werde nicht mehr geliebt wie bisher.“ Mit der Entdeckung: „Der Gatte oder die Gattin liebt einen anderen“ wird das sonnige Glück für immer zu Grabe getragen. Wie ein Frost in der Frühlingsnacht die ganze Blütenpracht mit allen Hoffnungen vernichtet, so zerstört der Rauhreif dieser Erfahrung die Blüten und Knospen im Garten der Ehe. Die Liebe ist eifersüchtig. Sie will das Herz des Geliebten allein besitzen und es mit niemand teilen. Das verwundet ein liebendes Herz zutiefst, wenn es sich in dem getäuscht sieht, den es liebt, dem es vertraut und sich mit all dem Seinen hingegeben hat. Der Gedanke, dass jemand anders vorgezogen wird, die Liebe geteilt ist, löst Störungen aus, die kaum heilbar sind. Es bleibt dabei das Bewusstsein, trotz allem mit unlöslichen Banden an diesen Menschen gebunden zu sein. Im besten Falle ist dann die Ehe eine trostlose, stumpfe Ergebung in ein freudloses Dasein.

Die Verwirrung der sittlichen Begriffe steigert sich von Tag zu Tag.
Die Worte Pius’ XI. lassen an Deutlichkeit nichts übrig:
„Die Treue tasten jene an, die die Meinung vertreten, man müsse den Zeitanschauungen über gewisse falsche und durchaus nicht harmlose Freundschaften mit dritten Personen in etwa Rechnung tragen. Sie verfechten die Ansicht, man müsse den Ehegatten hier nach außen eine größere Denk- und Bewegungsfreiheit zugestehen und das um so mehr, als nicht wenige von Natur eine so starke Triebveranlagung hätten, dass sie sie innerhalb der engen Schranken der Einehe nicht befriedigen könnten. Daher halten sie die strenge Anschauung ehrbarer Gatten, die jede der Leidenschaft entspringende Zuneigung und Handlung mit einer dritten Person verurteilt und zurückweist, für eine rückständige Enge des Geistes und Herzens oder sehen in ihr unwürdige und verächtliche Eifersucht. Und darum wollen sie auch, dass alle staatlichen Strafgesetze über die Wahrung der ehelichen Treue wirkungslos seien bzw. für wirkungslos erklärt werden.

„Edelgesinnte und keusche Gatten werden schon aus dem unmittelbaren natürlichen Empfinden heraus all diese Dinge als eitel und schimpflich zurückweisen und verachten. Und die Stimme der Natur erhält hier ihre volle Bestätigung und Bekräftigung durch das Gottesgebot: ‚Du sollst nicht ehebrechen‘, — und durch das Wort Christi: ‚Wer immer ein Weib anblickt, um ihrer zu begehren, der hat in seinem Herzen die Ehe mit ihr gebrochen.’ Keine menschlichen Gepflogenheiten, keine verkehrten Beispiele, keine Art angeblichen menschlichen Fortschrittes können jemals die Verpflichtung dieses Gottesgebotes entkräften. Denn gleichwie ein und derselbe ‚Jesus Christus, gestern, heute und in alle Ewigkeit‘, so bleibt auch Christi Lehre immer die gleiche, ‚kein Jota von ihr wird vergehen, bis alles geschieht.’“

Meiden Sie also sorgfältigst alles, was dem ehelichen Frieden und Ihrem Glücke schaden, ja, was auch nur den Gedanken an Untreue in Ihnen wachrufen könnte. Fliehen Sie jede Vertraulichkeit mit irgendeinem anderen Menschen, und sorgen Sie, dass auch der Verdacht der Untreue nicht aufkommen kann. Sie sollen sich beide das Liebste und Teuerste auf Erden sein, Sie sollen einander zu gefallen und Freude zu machen suchen. Nichts darf imstande sein, sich zwischen Sie zu drängen.

Lassen Sie aber auch keinen unbegründeten Argwohn aufkommen. Es wäre schweres Unrecht, dem anderen Untreue vorzuwerfen oder den Verdacht der Untreue zu hegen, ohne dass sichere, schwerwiegende Beweise oder Anhaltspunkte vorhanden sind. Treue um Treue!

Der hl. Ludwig wies einmal auf seinen Ehering und sagte:
„Außer dieser Liebe kenne ich keine andere.“
Das ist christliche Haltung. Sie bedeutet das Glück Ihrer Ehe.

1) Anm. Die Worte Ruths: „Dein Gott ist mein Gott“ dürfen aber für die Braut nur dahin verstanden werden, dass zum wahren ehelichen Glück dieselbe religiöse Überzeugung Vorbedingung ist, nicht aber, als ob es jemals erlaubt sein könnte, aus Liebe zum Manne die religiöse Überzeugung zu wechseln. Ruth durfte so sagen, da sie als Frau eines Israeliten den einen wahren Gott kennen gelernt hatte und entschlossen war, ihn von jetzt an zu verehren. Niemand darf den wahren Glauben aus Liebe zum Verlobten preisgeben.

Quelle: „Im Dienst des Schöpfers“ – Hardy Schilgen S. J. – 1930

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