Die Kleidung

1. Gefallsucht

2. Bedeutung der Mode

3. Schlussworte

Die Gefallsucht ist tief im weiblichen Wesen begründet. Es liegt ja in der Natur von Mann
und Frau, dass er wirbt, sie daher umworben sein möchte.
Das ist noch nichts Schlimmes.
Nur muss dieser Trieb wie jeder andere
vom Geist in den rechten Schranken gehalten werden.

Es ist Aufgabe der Eltern, besonders der Mutter, das Mädchen von frühester Jugend an
in dieser Hinsicht zu erziehen. Es soll angeleitet werden, vor allem Gott zu gefallen
und nicht den Menschen. Es muss lernen, durch Verinnerlichung und Pflege
der weiblichen Tugenden sich dereinst begehrenswert zu machen, falls sich die Möglichkeit
zur Heirat bietet. Dann besitzt es jene Herzenseigenschaften , die es befähigen, eine edle Mutter und Gattin zu werden oder in einem ähnlichen Berufe von den Reichtümern seines Herzens
an andere auszuteilen, denen es seine Mütterlichkeit zuwendet.

Sonst besteht die Gefahr, dass es veräußerlicht, der größte Schaden für ein Mädchen. Die Sucht, Aufmerksamkeit zu erregen, beachtet zu werden, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, aufzufallen, andere in den Schatten zu stellen, beherrscht dann das ganze Tun und Lassen,
das ganze Denken und Streben und Sehnen dieser armen Geschöpfe. Sie können es nicht ertragen, wenn andere mehr berücksichtigt werden als sie. Vor nichts fürchten sie sich mehr,
als dass sie nicht beachtet werden, dass man sie links liegen lässt, sie keines Blickes,
keines Wortes würdigt. Sie ziehen Strafe und Verachtung sogar diesem vor.
Diese Sucht kann sich zur Hysterie steigern, zu einem krankhaften Zustand,
der sie zu unglaublichen Mitteln greifen lässt, um Mitleid, Interesse zu erregen.

Nur aus diesem Bestreben, beachtet zu werden, aufzufallen, sind die Bestrebungen der Mode
zu verstehen. Das Mädchen kennt als Kind noch nicht die Bedeutung, wenn es durch sein
„apartes“ Kleid Aufmerksamkeit erregt. Doch muss die Erziehung hier schon einsetzen.
Es soll es als selbstverständlich betrachten lernen,
dass es sich ordentlich, gefällig kleidet.

Man darf und soll auch in ihm den Geschmack und das Verständnis für edle Schönheit wecken. Weiter aber schenke man der Kleidung keine Beachtung. Es ist töricht und für das Mädchen schädlich, wenn es wegen seiner Kleidung bewundert wird und hört, dass es schöner gekleidet sei als andere. Es ist aber geradezu verderblich, wenn es Kleider tragen musst,
die das Schamgefühl in ihm abstumpfen.

Bedenklich wird die Gefallsucht erst von den Jahren an, da es zum junge Mädchen heranwächst. Denn nun erstrebt diese nur noch eins, bewusst oder unbewusst durch die Kleidung
den Männern zu gefallen. Der heutigen Mode ist es nicht darum zu tun, in geschmackvoller,
edler Weise den Körper zu schmücken, sondern wie unsere Bischöfe sagen, ist sie
„mit ihrer tendenziösen Entblößung oder Herausstellung des Körpers … auf Reizung geschlechtlicher Sinnlichkeit berechnet“. Dass diese Behauptung der Wahrheit entspricht,
sollen wieder Aussprüche nicht-katholischer Fachgelehrten zeigen:

„Die wahre letzte Erklärung der Mode liegt in der Erotik. Warum es
einen Modewechsel überhaupt gibt, lässt sich am letzten Ende
nur aus erotischen Momenten ableiten. Von daher kommt das ganze Spiel des Zeigens und Verhüllens der Reize.“ Dr. Alexander Elster.

„Der Busen ist das Zentralorgan alle weiblichen Ideen, Wünsche und Neigungen.“
L. Berg.

„Die Frau weiß den Busen als erotisches Reiz und Lockmittel zu schätzen, und es
darf daher uns nicht wundern, wenn die Präsentation des Busens zum obersten Modeproblem aller Zeiten geworden ist. Dekolletiert oder nicht dekolletiert,
das war bei der Frauentracht stehts die eine und meist die wichtigste Frage.“
Dr. med. O. F. Scheuer.

„In der Erotik spielt daher die teilweise Entblößung des Körpers, die Verwendung durchscheinender Stoffe eine besondere Rolle, wobei es darauf abgesehen ist,
unter Anregung der Sinnlichkeit der Phantasie noch genügenden Spielraum
zu lassen. (Das gilt besonders auch von den kurzen Röcken.)
Auf der Suche nach dem männlichen Ideal hat jede neue Generation von
Frauen immer von neuem versucht, die Umrisse ihres Körpers zu verändern.
Keine Unbequemlichkeit, keine Marter, keine Körperschädigung hielt sie und
hält sie davor zurück.“ Prof. Dr. W. Liepmann.

„Die Frauen wissen, mit welchem Köder sie die Männer für sich und ihre Töchter fangen können ….  Die Schamlosigkeit der Frauen, welche es nicht verschmähen, Teile ihres Körpers zur Schau zu stellen, nach Moden, die sie von offenkundig verworfenen Weibern angenommen haben und
welche die Sinnlichkeit herausfordern …“ Tolstoi.

„Immer das gleiche. Extravagante Moden werden von den Prostituierten eingeführt, von der Gesellschaft zuerst als gemein und sinnlich kritisiert, um ganz allmählich, jetzt schneller wie früher, in den besten Kreisen Eingang und Aufnahme zu finden …. Die Unterstützung dieses Strebens, sich schön und gefällig zu geben, wie es Natur und Kunst nur irgendwie erlauben, durch Mütter, die wie mit Scheuklappen immer nur das Eine zu sehen wünschen, den Schwiegersohn, leitet dann allmählich zu einer Äußerlichkeit und Verflachung des Geistes, wie wir sie leider
noch bei sehr vielen Frauen studieren können.
Wie soll eine Erziehung, deren einziges Ziel die Fähigkeit ist, einen Mann anzulocken, andere Werte schaffen.“ Prof. Dr. W. Liepmann.

Äußerst bezeichnend ist der folgende Erlass der Direktion der holländischen Eisenbahn,
indem betont wird, dass gewisse Moden ungünstig auf die Arbeitsleistung der Männer wirken:
„In Übereinstimmung mit der Mode, die in den letzten Jahren immer auffälliger dahin strebt, dass die Frauenkleidung mehr als Kopf, Hals und Hände unbedeckte lasse, versehen viele Beamtinnen gegenwärtig ihr Amt in einem Anzug, der besonders, wo Männer und Frauen in denselben Räumen beschäftigt sind, für den guten Fortgang der Arbeit nicht förderlich ist. Wir können dies nicht länger zulassen. Das weibliche Kanzleipersonal … hat während seiner Dienststunden möglichst einfach gekleidet zu sein. Wir bringen daher zur Kenntnis, dass alle Angestellten
verpflichtet sind, im Dienst ein einfaches, undurchsichtiges, am Halse schließendes
und bis zum Handgelenk reichendes Kleid zu tragen.“

Das ist also die Bedeutung der Mode und ihres Wechsels. Der tiefste Grund, weshalb
katholische Frauen und Mädchen sie mitmachen, liegt darin, dass sie fürchten, nicht entsprechend beachtet zu werden, wenn sie auf Reize verzichten, die andere anwenden.
Sie beachten es einfach nicht, oder besser, sie wollen es nicht beachten, dass sie durch ihre Kleidung den Naturtrieb der Männer reizen, so dass Lüsterne
sie mit gierigen Blicken
und unsittlichen Begierden anschauen, während Gutgesinnte nicht unbefangen mit ihnen verkehren können, sondern mit Versuchungen zu kämpfen haben, wie sich viele bitter beklagen.

Diese Tatsache glaubte die Frauenwelt dadurch aus der Welt zu schaffen, dass sie
dieselbe leugnet und sich um sie nicht kümmert. Man kann sogar einen Sturm
der Entrüstung hervorrufen, wenn man diese „abscheuliche Verlogenheit“, wie Tolstoi es nennt, aufdecken will. „Sagen sie einmal einer Mutter und einem Mädchen die Wahrheit … Himmel, welche Beleidigung! Aber nur damit sind sie beschäftigt, und nur daran denken Sie, und es ist entsetzlich – man sieht oft ganz junge arme, unschuldige Mädchen damit beschäftigt.
Und wenn sie dabei noch aufrichtig wären. Aber alles geschieht mit Lug und Trug.
Man interessiert sich und schwärmt für alles mögliche, und bei all dem Geschwätz denke sie
nichts anderes als: „Nimm mich oder meine Lisa, nicht jene da. Nun, versuch’s einmal.“

Unsere Bischöfe haben immer wieder die Frauen und Jungfrauen ermahnt, heidnische Sitten
nicht mitzumachen, sich ehrbar zu kleiden, wie es sich für Christinnen gezieme.
Ähnlich hat der Papst wiederholt gesprochen.

Katholische Eltern, die überzeugt sind, dass die Bischöfe und der Papst von Gott den Auftrag haben, die Menschen zu leiten, und ihnen im Gewissen verpflichtete Anordnungen geben können, werden diese Mahnungen gewissenhaft beachten.

Auch hier ist mit bloßem Verbieten nicht viel gewonnen.
Die Eltern müssen ihren Töchtern den rechten Geist einzuflößen suchen,
so dass diese aus sich selbst unsittliche Kleider nicht tragen wollen.

Es wird dies meistens Aufgabe der Mutter sein. Sie weise ihre Tochter offen
auf
die Wirkungen hin, die eine unschamhafte Kleidung auf die Männerwelt ausübt. So suche sie in ihr eine Gesinnung zu wecken, die sich dafür bedankt, Gegenstand lüsterner Blicke
und unerlaubter Begierden zu werden, oder in edlen Männern Versuchungen hervorzurufen.
Sie überlege dann mit ihr, wie sie sich hübsch und geschmackvoll kleiden kann,
wobei in erlaubten Grenzen der herrschenden Moderichtung Rechnung getragen werden kann.

Große Schuld an vielen Modeauswüchsen tragen übrigens die Männer,
weil sie in der Öffentlichkeit jene Mädchen bevorzugen, die schamlos gekleidet sind.
Der tiefere Grund für diese Erscheinung liegt in der niedrigen Gesinnung,
die in der Frau nur ein Genussmittel sieht.

Für den jungen Mann zeigt sich wieder die große Bedeutung der inneren Festigung gegenüber diesen Gefahren. Er kommt ja auf der Straße und sonst wo doch mit
leichtfertig gekleideten Personen zusammen. Hat man ihm eine tiefe Ehrfurcht
vor der Würde, des Weibes,
vor der Mutterschaft und auch der Aufgabe der Mutter, das Kind an der Brust zu stillen, eingeflößt, so hat man dadurch den Reiz
des geheimnisvollen und Unbekanntem beseitigt
und es ihm ermöglicht, mit edler Gesinnung weibliche Personen gegenüber zu treten.

Dann fühlt er sich durch leichtsinnige Kleidung unangenehm berührt und abgestoßen von solchen,
die so wenig Zartgefühl zeigen. Die Richtung seiner Gedanken geht eben nicht auf das,
was die Sinnenlust reizt, er achtet mehr auf die geistige Schönheit des Mädchens
und bevorzugt jene, bei denen er diese gewahrt.

Schließlich seien die Worte des gemeinsamen Hirtenschreibens
unserer Bischöfe vom Jahre 1914 wiedergegeben:

„Endlich müssen wir an die Frauen und Jungfrauen noch ein ernstes Wort richten
in einer Angelegenheit, in die wir
uns nicht einmischen würden, wenn nicht christliche Zucht und Ordnung es verlangten. Dass es neuerdings Kleidermoden gibt, die nicht nur die Gesundheit beeinträchtigen und dem Schönheitsgefühl Hohn sprechen, sondern geradezu durch Unanständigkeit Ärgernis
erregen ist nicht bloß unser Urteil.

Was ein hl. Hieronymus (Ep. ad. Laetam) und ein hl. Klemens von Alexandrien (Paedag. II, 10) einst als heidnischen Unfug brandmarkten wird jetzt wieder
neueste Mode: man ersinnt raffinierte Formen der Bekleidung,

deren Hauptzweck scheint, den Körper
wie unbekleidet erscheinen zu lassen.

Wenn die Zügellosigkeit und Lüsternheit des Neuheidentums, namentlich gewisser Weltstädte, derartige Moden erfindet, so ist das zu begreifen. Aber kaum
zu begreifen ist es, dass eine christliche Frau sich derartige Moden aufdrängen lässt
und sich zur Sklavin solcher Tyrannei erniedrigt.
Wir ermahnen alle katholischen Frauen
und Jungfrauen jeden Standes,
diese unwürdige Knechtschaft abzuschütteln und sich das Zartgefühl für das
was schön, rein und wohl anständig ist,
nicht abstumpfen zulassen. Bedenket wohl: das Wehe, das der Gottessohn

über den gerufen, durch welchen Ärgernis kommt (Mt. 18, 7), ist heute noch in Kraft.

Werdet nicht zum Ärgernis für eure Kinder
und machet nicht eure Kinder zum Ärgernis für andere.

Achtet darauf, dass schon der Kindheit und Jugend die Kleidung sowohl
der leiblichen
wie der sittlichen Gesundheit entspreche, dem Körper
wie der Seele zum Schutz gereichen.

Unsere Müttervereine, unsere Frauen- und Jungfrauenvereine mögen den Kampf gegen schändliche Auswüchse der Mode auf der ganzen Linie aufnehmen.
Es ist ein Kampf um die Frauenehre und Frauenwürde,
um die wahre Freiheit
des weiblichen Geschlechtes. Die freie schmückt sich mit Freiheit,
ruft der hl. Chrysostomus
den christlichen Frauen zu (hom. 28 in Ep. ad. Hebr.),
und der hl. Apostel Paulus nennt den schönsten Schmuck
der Frau
eine anständige Gewandung mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit
(1. Tim. 2,9).“

Quelle: Um die Reinheit der Jugend – Hardy Schilgen S.J. – Kleidung – S. 137-144


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